Villen in Mülheim Teil II.
Überblick
Weitere Mülheimer Unternehmervillen sind u.a. neben den Bereichen in der Innenstadt - Friedrichstraße und Dohne - im Broich-Speldorfer Wald, auf der Prinzenhöhe und auf dem Kahlenberg zu finden. Im März 1906 bat der Mülheimer Bankier Walter Hammerstein in einem Schreiben an Oberbürgermeister Dr. Paul Lembke um die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Broich-Speldorfer Waldgebiet. Noch im gleichen Jahr kam es am 20. November zur Gründung der Broich-Speldorfer Gartenstadt AG. Gründer der Aktiengesellschaft waren Industrielle aus Duisburg, Mülheim und Gelsenkirchen, unter ihnen der Vorsitzende der Gelsenkirchener Bergwerks AG Emil Kirdorf. Die Hälfte der Anteile hielt die Stadt Mülheim selbst. [2]
Broich-Speldorfer Gartenstadt AG
Grundidee des Projekts war es, betuchten Unternehmern die Möglichkeit zu geben, repräsentativ zu residieren. Mit räumlichem Abstand zum städtischen Kern konnten sie sich hier erholen und neue Kraft für den Arbeitsalltag schöpfen. Aus diesem Grund entstanden im Uhlenhorstviertel und im Speldorfer Wald mehrere Villen, die bis heute noch vorhanden sind und anderen Zwecken dienen. Im Einzelnen sind hier zu nennen die Villa Küchen (Haus Küchen), benannt nach Dr. Gerhard Küchen (1861 - 1932), einem Enkel von Mathias Stinnes, die Villa Fritz Thyssen – auch Landhaus Fritz Thyssen oder Villa Anita genannt - einem repräsentativen Wohngebäude im Broich-Speldorfer Wald in Mülheim an der Ruhr. Desweiteren das Haus Rott, einst geplant als Wohnsitz von Hugo Stinnes und dessen Frau Cläre und last but not least dem Streithof, wo der Chef der Gelsenkirchener Bergwerks AG - Emil Kirdorf - ein Freund und Förderer von Adolf Hitler, residierte. [2]
...der Streithof....
Im einem Mülheimer Waldgebiet - dem Broich-Speldorfer Wald - befindet sich das letzte Refugium eines deutschen Ruhrindustriellen aus der Weimarer Republik und der Zeit der Nationalsozialisten. Der Name dieses Besitzes ist untrennbar mit dem ersten Bewohner und Erbauer Emil Kirdorf verbunden, dessen Geschichte nicht nur mit dem Aufschwung der Zechen und Kokereien in Rheinisch-Westfälischen Kohlenbezirk zu tun hat sondern auch mit seiner politischen Karriere und der Unterstützung der Nationaldemokraten- materiell und ideologisch. Bis zum Jahr 1995 war er sogar aufgrund „seiner Verdienste“ Ehrenbürger der Stadt Mülheim an der Ruhr....
Weitere Informationen zum Streithof im Mülheimer Broich-Speldorfer Wald finden Sie hier....!
Haus Küchen
Haus Küchen liegt im beliebten Uhlenhorst, einem Waldgebiet zwischen Mülheim an der Ruhr und der Stadt Duisburg. Es handelt sich bei dem Gebäude um eine historische Unternehmervilla, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts hier errichtet wurde und dem Beispiel einiger anderer Industrieller folgte, die ihre Wohnsitze aus der Stadt in eine weniger belastete Umwelt verlegten. Auftraggeber für die Errichtung des Gebäudes war Kommerzienrat Dr. Gerhard Küchen (1861 - 1932), ein Enkel von Mathias Stinnes. Er leitete bereits seit 1887 die Familienunternehmen. Küchen engagierte den Mannheimer Architekten Rudolph Tillessen für den Bau seines Landhauses im Jahre 1913. Der Hauptbau ist längsrechteckig und zweigeschossig.
Ein Turm seitlich der Hauptfassade - wie ein Leuchtturm im Stil des englischen Landhauses - verband mit dem parallel versetzten Wirtschaftsflügel, wo es einen eigenen Personaleingang gab. Abseits vom Hauptbau, aber zum Ensemble der Bauten, gehören ein Pförtnerhaus und ein Stall- und Remisengebäude mit Wohnungen. Über dem Haupteingang hatte Küchen zwei Reliefplatten anbringen lassen, die Zeichen für zwei Bereiche eines Unternehmens aus der Montanindustrie darstellen: Schifffahrt und Bergbau. Im imposanten Eingangsportal aus Messing prangt das K-Monogramm für den Familiennamen. Das Innere weist im Erdgeschoss die Folge der Repräsentationsräume auf: Herrenzimmer, Empfangszimmer, Musiksalon, Wohnzimmer und Speisezimmer.
Die Räume sind durch Türen miteinander verbunden und schließen sich der großen Eingangshalle an. Im Obergeschoss lagen die Schlaf-, Ankleide-, Gästezimmer und Bäder der Familie. Haus Küchen ist ein Bestandteil einer geplanten Gartenstadt für Unternehmer. Die Broich-Speldorfer Wald- und Gartenstadt-Aktiengesellschaft blieb ein Versuch. Letztlich angesiedelt haben sich neben Gerhard Küchen nur Emil Kirdorf und Fritz Thyssen. 1952 hat die Evangelische Kirche im Rheinland das Haus von Frau Küchen gekauft, die mit dem Verkauf an die Kirche einem Wunsch ihres verstorbenen Mannes entsprach. Die Evangelische Kirche im Rheinland betrieb in diesem „Haus der Begegnung“ die Evangelische Akademie Mülheim an der Ruhr. [1]
Aus dieser Zeit stammen der im ehemaligen Rosengarten gebaute Wintergarten, die Kapelle sowie der Saal an der Schmalseite des Gebäudes. Ab 2003 stand das Gebäude leer und wurde 2006 von der Teutonia Grundbesitz AG erworben, restauriert und interimsweise bis Ende 2015 als Hotel und Restaurant Residenz Uhlenhorst betrieben. Inzwischen ist die Nutzung nochmals geändert worden. Wohnungen sollen hier künftig vermietet werden. Auch auf dem weitläufigen Gelände entstehen Luxuswohnungen und Einfamilienhäuser, das historische Kutscherhaus soll ab 2016 ebenfalls restauriert werden. [3]
Villa Fritz Thyssen
Die Villa Fritz Thyssen – auch Landhaus Fritz Thyssen oder im Volksmund auch Villa Anita genannt – ist ein repräsentatives Wohngebäude im Broich-Speldorfer Wald in Mülheim an der Ruhr. Das Haus wurde 1910/11 durch die Krefelder Architekten Girmes & Oedinger im englischen Landhausstil für Fritz Thyssen, den ältesten Sohn von August Thyssen, auf einem 70.000 m² großen Grundstück im Broich-Speldorfer Wald errichtet. Die Villa – eines der größeren Projekte der Broich-Speldorfer Wald- und Gartenstadt AG – wurde auf Wunsch von Fritz Thyssen einem englischen Herrensitz nachempfunden. [4]
So entstand ein zweigeschossiger, zweiflügeliger roter Backsteinbau mit Walmdach, der alle Kennzeichen des englischen Neobarock trug und auch im Grundriss dem Vorbild eines englischen Landhauses folgte. Die großzügige Parkanlage wurde mit Lauben und Aussichtspunkten versehen. Nach der Fertigstellung bezog Fritz Thyssen die Villa mit seiner Familie. Als er 1939 vor dem NS-Regime aus Deutschland floh, wurde das Anwesen von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und als Schulungsstätte für Kindergärtnerinnen genutzt. 1945 richteten die Engländer dort ein britisches Internat ein. Nach dem Auszug des Internats 1969 stand das Landhaus einige Jahre leer. [4]
Im Jahr 1973 verkauften Fritz Thyssens Erben die Villa an die Mülheimer Unternehmerfamilie Grillo, die den Bau umfangreich restaurierte. 1993 zerstört ein Großbrand das Herrenhaus. Das Grundstück mit den Gebäuderesten wurde 1999 an eine Duisburger Investorengesellschaft verkauft. In den Jahren 2001/2002 erfolgte der Wiederaufbau als „Villenpark Uhlenhorst“ mit Wohneinheiten sowohl im ehemaligen Herrenhaus als auch in den ehemaligen Nebengebäuden. Das ursprüngliche Erscheinungsbild wurde dabei weitgehend wiederhergestellt. [4]
Haus Rott
Gegenüber der Zufahrt zum Anwesen von Fritz Thyssen - der Villa Anita - befindet sich die durch ein Tor gesicherte Zufahrt zum Haus Rott. Bei diesem Haus handelt es sich um ein repräsentatives, aber nie ganz fertiggestelltes Anwesen im Broich-Speldorfer Wald in Mülheim an der Ruhr. Die Anlage von Haus Rott war ein Bauprojekt der Broich-Speldorfer Wald- und Gartenstadt AG. Prominenter Investor war der Industrielle Hugo Stinnes, der sich bereits 1903 ein ausgedehntes Grundstück im Broich-Speldorfer Wald gesichert hatte und dort einen repräsentativen Wohnsitz für sich und seine Frau Cläre plante. Bis zum Sommer des Jahres 1914 waren zwei Pförtnerhäuser, ein Wirtschaftsgebäude sowie ein Gäste- und Teehaus fertiggestellt.
Bevor jedoch der Grundstein für das Herrenhaus gelegt werden konnte, brach der Erste Weltkrieg aus und machte alle weiteren Bauausführungen zunichte. Trotz des fehlenden Hauptgebäudes diente Haus Rott Hugo Stinnes und seiner Familie als Wochenendsitz. Nach dem Ersten Weltkrieg legte die Familie Stinnes sich Wohnsitze am Mittelrhein, in Schweden und in der Lausitz zu, wo das Schloss Weisskollm während der Ruhrbesetzung als Hauptwohnsitz diente. Nach dem überraschenden Tod des charismatischen und gefürchteten Industriellen Stinnes im Jahre 1924 brach sein Wirtschaftsimperium bald zusammen. Danach diente Haus Rott auch als Hauptwohnsitz. In den 1950er Jahren ließ die Witwe Cläre Stinnes ein weiteres Wohnhaus bauen, das aber in späteren Jahren wieder abgerissen wurde. 1954/55 wurde in einem Waldstück im nördlichen Teil des Anwesens ein Mausoleum errichtet, in das die sterblichen Überreste von Hugo Stinnes überführt wurden.
Text: Informationen zur Route der Industriekultur
1967 kaufte der Mülheimer Industrielle Herbert Grillo das Anwesen von der Witwe, die mit dem Kaufvertrag ein lebenslanges Wohnrecht zugesichert bekam. Nach ihrem Tod 1973 zog dann die Familie des Käufers ein. Das ehemalige Wirtschaftsgebäude wurde zum Pferdestall, das weitläufige Gelände zum Trainingsplatz für die Pferde der Familie Grillo umfunktioniert. Das Mausoleum mit den sterblichen Überresten von Hugo und mittlerweile auch Cläre Stinnes blieb – wie im Kaufvertrag vorgesehen – bestehen und wurde von den neuen Eigentümern weiterhin gepflegt. Haus Rott ist heute Teil der Stiftung der Familie Herbert Grillo. [5]
Unternehmervillen in Mülheim Teil III.
Die Unternehmervillen in Mülheim verteilen sich über den gesamten Bereich der Stadt und sind nicht nur in der Friedrichstraße zu finden. Die Villa von Josef Thyssen, einem Bruder von August Thyssen, befindet sich zwischen der Ruhr und der Straße Dohne. Diese Villa wurde nach einem Entwurf der Berliner Architekten Heinrich Kayser und Karl von Großheim im neobarocken Stil des Historismus im Louisenthal auf dem Grundstück der insolventen Textilfabrik J. Caspar Troost errichtet. Das Gebäude der Fabrik Troost ist übrigens bis heute als Ruine erhalten....
Weitere Informationen zu den Unternehmervillen in Mülheim Teil III. finden Sie hier....!
Weitere Links zur Stadt Mülheim an der Ruhr:
- Die Altstadt in Mülheim
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- Schloss Landsberg bei Essen-Kettwig
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- Otto Pankok Kleine Biografie eines großen Künstlers;
- Schloss Styrum (Stadtteil Styrum - Mülheim an der Ruhr)
- Schloss Broich an der MüGa in Mülheim an der Ruhr
- Neickmannshof (Haus am Wasser)
- Ringlokschuppen an der MüGa
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- Petrikirche (Kirchenhügel - Stadtmitte)
- Jüdischer Friedhof an der Gracht (Mülheim - Stadtmitte)
- Wasserbahnhof (Schleuseninsel - Stadtmitte)
- Haus Ruhrnatur (Schleuseninsel - Stadtmitte)
- Raffelberg - altes Solbadgelände mit Park und Theater an der Ruhr;
- Theater und Konzerte - Veranstaltungshäuser;
Quelleninformationen:
1.: Die Informationen zu den Mülheimer Villen stammen von den Hinweisen vor Ort!
2.: Die Hinweise zur Broich-Speldorfer Wald- und Gartenstadt AG stammen aus der Mülheimer Stadtgeschichte - Historische Orte!
3.: Die Informationen zum Haus Küchen in Mülheim an der Ruhr stammen aus der Wikipedia, zuletzt abgerufen am 02.07.2023!
4.: Die Informationen zur Villa Fritz Thyssen in Mülheim an der Ruhr stammen aus der Wikipedia, zuletzt abgerufen am 02.07.2023!
5.: Die Informationen zum Haus Rott in Mülheim an der Ruhr stammen aus der Wikipedia, zuletzt abgerufen am 03.07.2023!
Die Fotos aus der Wikimedia Commons "Haus Küchen - heutige Residenz Uhlenhorst - Autor: Ruesterstaude" - "Fritz Thyssen (1928) - Autor: Bundesarchiv, Bild 102-06788" sind lizensiert unter der Creative Commons Attribution 3.0 Unported Lizenz.
Weitere Informationen zum Kloster Saarn, zur Musik im Kloster Saarn, zur Kirchenmusik in der Petrikirche, zum Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr, zum Aquarius Wassermuseum und zu den Sehenswürdigkeiten in Mülheim finden Sie hier.