Gaesdonck
Überblick
Die Gaesdonck ist ein Ortsteil von Goch und gehört verwaltungsmäßig zur Kernstadt. Sie ist von der Toten Kendel umschlungen, einer ehemaligen Schleife des Baches Kendel, die an der deutsch-niederländischen Grenze von links in die Niers mündet. Bei Gaesdonck bildet die Tote Kendel ein Stück weit die Grenze zum niederländischen Nachbarort Siebengewald, einem der fünf Siedlungskerne der limburgischen Gemeinde Bergen. Aus dem ehemaligen Chorherrenstift Gaesdonck wurde im 19. Jahrhundert das heute noch bestehende bischöfliche Gymnasium Collegium Augustinianum Gaesdonck. Die dazugehörige ehemalige Stiftskirche ist eines der zahlreichen Werke der Backsteingotik in der Region Niederrhein.
Collegium Augustinianum Gaesdonck
Über die Landstraße 361 (Hülmer Deich) in nordwestlicher Richtung von Weeze kommt man direkt zum ehemaligen deutsch-niederländischen Grenzübergang Siebengewald, den man heute ohne Kontrollen überqueren kann. Die L 361 führt nun nach rechts über die Gaesdoncker Straße in Richtung Goch. Unmittelbar nach dem abbiegen auf der linken Straßenseite sieht man einen großen Gebäudekomplex, der zum Collegium Augustinianum Gaesdonck gehört. Das Collegium Augustinianum Gaesdonck ist ein staatlich anerkanntes bischöfliches Internatsgymnasium für Mädchen und Jungen. Es wird getragen von der Stiftung Collegium Augustinianum Gaesdonck, deren Stiftungsvorstand Weihbischof Rolf Lohmann aus Xanten vorsteht.
Kloster der Augustiner Chorherren
Bei meinen Recherchen zu Gaesdonck bin ich auch öfter auf die Bezeichnung "Haus Gaesdonck" oder "die Gaesdonck" gestoßen und dies machte mich neugierig, auch etwas über die Geschichte dieser Schule zu erfahren. Die Bezeichnung "die Gaesdonck" meint die Schule, die an der Stelle des ehemaligen Klosters der Augustiner Chorherren etwa um 1849 gegründet wurde. Bei der ersten Erwähnung dieses Namens dachte ich an einen Herrensitz, von denen es ja hier am Niederrhein zahlreiche gibt. Doch weit gefehlt, es handelte sich um ein Internat. Die Gaesdonck liegt auf dem Gebiet des gleichnamigen Gocher Ortsteils unmittelbar an der Grenze zu den Niederlanden.
Lage
Das landschaftlich schön gelegene Collegium Augustinianum wird teilweise von dem Bach Kendel, einem Nebenfluss der Niers, umrahmt, zudem wird das ursprüngliche eigentliche Klosterareal von einem Wassergraben umfasst. Der Name Gaesdonck ist natürlich wesentlich älter als die Schule oder das ehemalige Kloster. Bereits im 15. Jahrhundert befand sich an dieser Stelle ein Bauernhof, der nach dem Tod des Besitzers an die Chorherren des hl. Augustinus in Goch vererbt wurde. Diese gründeten um 1406 hier ein Kloster, dass im Jahre 1802 im Zuge der Säkularisation aufgelöst wurde. Der Schutzpatron des Klosters war der heilige Augustinus, einer der vier lateinischen Kirchenlehrer der Spätantike.
Von 1849 bis in unsere Tage existiert hier die Schule Gaesdonck mit zweimaliger Unterbrechung- 1873 - 1893 und 1942 - 1946. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten Gebäude wieder aufgebaut und auch Teile des einstigen Klosters (Kirche, Bibliothek und Kreuzgang) wiedererrichtet, u.a. die weit über die Grenzen des Niederrheins bekannte Klosterbibliothek. Hier in Gaesdonck befindet sich auch das Archiv des einstigen Klosters Graefenthal, einem Haus der Zisterzienserinnen in der Nähe von Goch-Asperden. Beim „Tag der offenen Tür“ einmal im Jahr kann man einen Blick hinter die Kulissen des Internatslebens werfen.
Name und Wappen
Der Name „Gaesdonck“, der von dem schon vor der Klostergründung an derselben Stelle gelegenen Bauernhof übernommen wurde, ist eine Zusammensetzung der beiden niederfränkischen Wörter „Gaes-“ (hochdeutsch: Bach) und „-donck“ (Hügel) und spielt somit auf eine Anhebung des ansonsten sehr flachen Niederrheins an. Lange Zeit wurde fälschlicherweise angenommen, dass der Name mit „Gänsehügel“ zu übersetzen sei. Dies hat sich jedoch auf Grund etymologischer Nachforschungen als falsch erwiesen. Mit dem Attribut „Augustinianum“ sollte die klösterliche Vergangenheit und Tradition des Ortes in Erinnerung gehalten werden, und zugleich wurde auf diese Weise der heilige Augustinus zum Schutzpatron der neuen Einrichtung ernannt. Das Wappen des Collegium Augustinianum bestand ursprünglich aus einem roten T- oder Franziskuskreuz – der horizontale Balken lag oben auf dem vertikalen – und drei sechseckigen gelben Sternen – je einer rechts, links und über dem Kreuz – auf blauem Grund. [1]
Geschichte
Paul Clemen - der ehemalige Provinzialkonservator der Rheinprovinz berichtet über die Geschichte von Gaesdonck folgendes:
„Ursprünglich ein in der Pfarre Hassum gelegener Hof (Bauernhof), zuerst 1346 erwähnt, der im Jahr 1371 dem Fraterhause in Goch zufiel. Dieses wurde 1400 in ein Kloster regulierter Chorherren verwandelt und 1406 nach Gaesdonk verlegt. Das Coemeterium und ein Teil des ambitus wurden am 15. Mai 1406, die neue Kirche mit 3 Altären am 14. Juni 1437 geweiht. Im Jahr 1580 plünderte Martin Schenk von Nideggen das Kloster von seinem nahen Schlosse Blyenbeck aus, 1634 die Kroaten, 1635 die Spanier. Nach der Aufhebung im Jahre 1802 diente es als Hülfspriesterseminar und von 1849 - 1873 zugleich als bischöfliches Knabenkonvikt und Gymnasium.“
Weiter führt er aus:
„Der Haupteil der Klosteranlage ist, allerdings mehrfach verändert, noch erhalten. Die wichtigsten Gebäude gruppieren sich um den Kreuzgang, mit einer lichten Weite von 2.90 m, von dem nur die ganze Südseite (neun Joche) und drei Joche der Nordseite dem Anfang des 15. Jahrhunderts angehören; die Westseite wurde 1674 gleichzeitig mit dem Umbau des Kapitelhauses verändert, die Ostseite erst im 17. Jahrhundert umgebaut. Die vermauerten spitzbogigen Öffnungen sind noch an der Hofseite sichtbar, über der Südseite erhebt sich, wie in Xanten über der Westseite, die aus dem 15. Jahrhundert stammende Bibliothek mit einachsigen Fenstern in Hausteinumrahmung. Das alte Kapitelhaus besteht aus zwei mächtigen Kreuzgewölben ohne Rippen, mit je zwei nasenverzierten Spitzbogenfenstern, unter denen sich Flachbogenblenden hinziehen; nach Norden zwei grosse und tiefe Spitzbogenhlenden. Die Thüren, die vom Kreuzgang zu den Klostergebäuden führen, sind noch die alten derben eisenbeschlagenen Bohlenthüren mit grossen Schlössern."
Klosterkirche
„Die ehemalige Klosterkirche (tit. s. Matris dolorosae - Schmerzhafte Mutter) ist ein mächtiger und imposanter einschiffiger Backsteinbau mit schön gezeichneten Gewölben, dessen Wirkung die bedeutende Höhe bei der geringen Breite nur steigert. Er besteht aus sieben schmalen Kreuzgewölben und einem Sterngewölbe als Abschluss. Die Rippen setzen auf 1 m langen, unten abgetreppten Vorlagen ohne alle Konsolen auf. Der ganze Bau ist nur durch vier zweiachsige, ausserordentlich lange, in der Mitte schon einmal geschlossene Fenster erhellt. An der Nordseite zwei 1,95 m tiefe breite durchgangartige spitzbogige Blenden. An der Westseite nur eine grosse spitzbogige Blende und darüber ein ovales Fenster.“
Hochaltar
„Hochaltar, mächtiger barocker Aufbau vom Anfang des 18. Jahrhundert, im Aufsatz ein Madonnenbild, darüber Christus mit dem Kreuz zwischen zwei Aposteln, als Abschluss die Figur des heiligen Michael. Gutes Tabernakel mit zierlich gearbeitetem Expositionsthron. Fast genau durch die Mitte der Kirche ist um 1700 ein hoher Lettner gezogen, bestehend aus einer einfachen ziemlich hohen Mauer mit einem grossen Mittelportal, das die Durchsicht auf den Hochaltar ermöglicht. Der Lettner ist durch die beiden Seitenaltäre und fünf grosse barocke Gemälde verkleidet, als Abschluss des ganzen gut arrangierten und wirkungsvollen Aufbaues eine Kreuzigungsgruppe vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Über dem Portal ein grosses tüchtiges niederländisches Gemälde der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts; der auf dem Schoosse der Madonna sitzende Jesusknabe durchsticht mit einem Pfeile das flammende Herz, welches der heilige Augustinus in der Hand hält.“
„Auf dem nördlichen Seitenaltar eine heilige Anna, Anfang des 16. Jahrhunderts, auf dem südlichen eine Madonna, 95 cm hoch, die rechte Hüfte stark herausgedrückt, den von langen Locken umrahmten Kopf mit lieblichem Lächeln zu dem Kinde geneigt, das sie mit beiden Armen stützt, charakteristische niederrheinische Holzskulptur vom Ende des 15. Jahrhunderts mit sehr geschicktem Faltenwurfe.
Dreisitz im Chor, vom Jahr 1653, Holzschnitzwerk in den Formen der frühen Barocke, mit Verwertung von Teilen eines früheren Dreisitzes vom Anfang des 16. Jahrhunderts - von diesem stammen die Renaissancemasken an den Sitzkästen und die drei kleinen Heiligengestalten auf dem Baldachin.“ [2]
Chorstühle
„Chorstühle, bedeutendes Werk der Spätrenaissance vom Jahr 1623 mit der Inschrift:
ANNO DOMINI 1623. LAUDATE DOMINUM QUONIAM BONUS EST. PSALMUS DEO NOSTRO SIT IUCUNDA DECORAQUE LAUDATIO. PS. CXLVI. REGI SECULORUM IMMORTALI INVISIBILI DEO HONOR ET GLORIA IN SECULA SECULORUM. AMEN. RENOVATUM 1779
Auf jeder Seite fünfzehn Sitze mit hohen Rücklehnen. Die Baldachine weit vorgekragt, mit feingegliederten Profilen und Kannchiren versehen. Die Rückwand wird durch wirkungsvolle Pilaster mit Karyatiden gegliedert, das rund eingerahmte Einzelfeld ist durch vertiefte, gleichsam eingekerbte Ornamente belebt. Die Armlehnen und Miserikordien sind noch in Anlehnung an die Gothik mit Knäufen und Fratzen verziert.“ [2]
Kreuzgang
Im Kreuzgang und in den alten Klostergebäuden ist eine grosse Reihe von alten, stark beschädigten Gemälden aufgestellt. Im Kreuzgang zwei Tafeln mit den Namen aller Brüder und aller Verstorbenen vom 14. Jahrhundert an. Ein Triptychon mit Geburt, Kreuzigung und Himmelfahrt, um 1560, vierzehn wertlose Portraits von Chorherren und Prioren, zehn Bildnisse der Brandenburgischen Fürstlichkeiten, darunter ein gutes Kniestück des grossen Kurfürsten, weiter gänzlich unbedeutende Heiligenbilder.
Wertvolles Gemälde, Holz 58 x 46,5 cm, die Kreuztragung darstellend, Nürnberger Schule von einem Nachfolger Dürers, um 1520. Vor dem zusammengebrochenen Christus kniet zur Linken die heilige Veronika und reicht ihm das Schweisstuch. Vollendet schön der Kopf des Simon, der das Kreuz ergreift; die Häscher roh charakterisiert. Das Ganze sehr glatt in warmen vertriebenen Tönen. Gute in bläulichen Glast eingehüllte Landschaft. An Skulpturen ein gutes, aber ganz verwittertes Sandsteinepitaph, 4o x 45 cm im Kreuzgang um 1550, im Stil den Xantener Epitaphien gleichend.“ [2]
Quellennachweis:
1.: Die Informationen zur Geschichte des Collegium Augustinianum Gaesdonck basieren auf dem Artikel Collegium Augustinianum Gaesdonck (Stand vom 11.11.2021) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der GNU-Lizenz [27 KB]
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2.: Die Kunstdenkmäler des Kreises Kleve im Auftrage des Provinzialverbandes der Rheinprovinz - heraugegeben von Paul Clemen - Düsseldorf Druck und Verlag von L. Schwann, 1892 - Seite 443 - 447.
Die Fotos "Pfarrkirche St. Stephanus in Kessel - Autor: Apodemus" - "Collegium Augustinianum Gaesdonck, Schild - Autor: Pimvantend" ist lizenziert unter der Creative Commons "Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported".